Aus meinem Nähkästchen #03

 
EIN WINTERTAG IN PRAG
24 Stunden in 24 Bildern
 

 
 
48 Stunden nachdem ich aus der Notaufnahme der Dresdner Herzklinik entlassen wurde, schlug Tobi vor „lass uns morgen nach Prag fahren und ein paar Bilder machen“. Für Jemanden, der in Haan wohnt, klingt das erst mal wie eine größere Aktion. Auslandsreise und so. Tobi macht das aber regelmäßig. Morgens hin, abends zurück. Weil das von Dresden aus quasi „um die Ecke“ ist. Nicht weiter als zum Leipziger Hauptbahnhof. Wenn man NICHT nach Prag reinfährt, sondern bis zum P&R an der Stadtgrenze und dann ab in die Metro. Und genau so haben wir es gemacht und kamen Samstag Mittag entspannt in der Prager Innenstadt an. Zeitgleich mit einem Tief, das ganz viel Schnee in die tschechische Hauptstadt brachte. Wir hatten uns für die „extended version“ des Prag-Aufenthalts inkl. einer Übernachtung in einem … ähm … „günstigen“ Hotel entschieden (den Namen schreibe ich hier nicht; Ihr wollt da nicht hin … glaubt mir!^^).
 
Da waren wir also. 24 Stunden Aufenthalt lagen vor uns. Im Gepäck ein paar Tri-X – Filme. Rollfilme für Tobi, der seine Lomo dabei hatte und Kleinbildfilme für mich; denn ich wollte zum ersten Mal etwas intensiver mit meinem „Weihnachtsgeschenk“, einer Hasselblad Xpan, fotografieren. Die Xpan ist mir quasi „aus Versehen“ auf ebay zugelaufen. Ihr kennt das: man gibt ein Gebot ab und schwups … kein anderer bietet mit und dann gehört das Ding Dir!
 
 

 
 
Von der Xpan hatte ich schon vor 20 Jahren geträumt, dass ich sie mal besitzen würde, aber das war lange ein unerfüllter Traum und irgendwann hatte ich sie dann fast schon wieder vergessen – zumal ich ja fototechnisch und auch hinsichtlich der Motive mittlerweile in ganz anderen Gefilden unterwegs war. Aber Ende letzten Jahres fiel es mir wieder ein, als ich überlegte, was ich mir für 2023 vornehmen könnte. Dem Jahr, in dem ich erstmals wieder viel fotografieren wollte, ohne im Hinterkopf zu haben, wofür eigentlich. Kein Veröffentlichungsdruck. Keine Publikation mit Deadlines etc. Ich hatte Lust auf Fotografieren, aber sollte anders sein als das, was ich die letzten 10 Jahre gemacht habe. Ich wollte mich auch mal wieder etwas intensiver anderen Genres widmen. Ich hatte mal wieder Lust auf analog und zwar nicht parallel zum digitalen Fotografieren, sondern ausschließlich. Ich hatte ja Zeit. Und Muße.
 
Also habe ich meine alte Leica M2 (genau so alt wie ich) aus dem Schrank gekramt und das digitale Equipment in Kisten verpackt. Kurz darauf gesellte sich eine M3 dazu (sogar noch sechs Jahre älter als ich). Und eben die Xpan. Panoramaformat. Spannend! Für spektakuläre Landschaftsaufnahmen, wie es heisst. Aber wer sagt eigentlich, dass man damit nicht auch Street fotografieren kann? Sogar hochkant?!
 
Was Film und Chemie angeht, bin ich Traditionalist (alter Sack eben!): Kodak Tri-X 400 (what else?), entwickelt in Rodinal (oder wie das Zeugs heutzutage eben heisst), die abendlichen Aufnahmen sind 2 Blenden gepusht (belichtet mit ISO 1.600). Und weil ich ein bequemer Mensch bin und Zeiten und Temperaturen lieber schätze als sie punktgenau nachzuhalten, mag ich die Standentwicklung – ca. eine Stunde bei 18-22°C spart die Bewegung zwischendurch, spart das Stoppbad und bringt mir genau die Ergebnisse, die ich brauche für das Scannen. Anschließend noch kurz an der Gradationskurve gezupft und fertig ist das Schwarzweiss, das ich liebe.
 
 

 
 
Arschkalt war’s in Prag. Stundenlang sind wir durch die Gegend, durch den Schnee gestapft. Und haben fotografiert. Es war großartig. Ein toller Auftakt meiner Tour (die ich aufgrund des eingangs erwähnten Vorkommnisses allerdings nicht wie geplant fortführe – mehr Infos gibt’s in meinem Newsletter).
 
Wie es weitergeht? Wenn alles gut läuft, werde ich dieses Jahr alle meine Tri-X – Reserven verknipsen und das wäre schon eine stramme Leistung, angesichts der Tatsache, dass ich kürzlich (vor der neuerlichen massiven Preiserhöhung) noch alle bezahlbaren Bestände bei meinen Dealern aufgekauft habe. Und dann schauen wir mal, was dabei raus kommt. Natürlich werden das auch wieder Porträts sein – aber eben nicht nur. Stay tuned … ;)
 
 


 
 
 
 
In meinem neuen Blog „Aus dem Nähkästchen“ gebe ich (ca.^^) einmal pro Monat einen Einblick in meine Arbeiten, die größtenteils unveröffentlicht sind. Bilder, die ich andernorts nicht zeigen kann oder will. Bilder, die bei meinen Print-Publikationen möglicherweise hintenüber gefallen sind, weil sie nicht in’s Konzept oder die Geschichte passten. Bilder, die Teil eines Projekts waren, das ich dann doch nicht mehr weiterverfolgt habe. In jedem Fall aber Bilder, die mir am Herzen liegen. Hin und wieder garniert mit einer kleinen Hintergrundgeschichte – nicht allzu technisch, dafür aber immer mal mit einem Augenzwinkern. Wenn man so will, stellt das „Nähkästchen“ einen gewissen Paradigmenwechsel für mich dar, da ich in den letzten Jahren online stets nur sehr wenig von dem gezeigt habe, was ich fotografiere – um es mir für eine evtl. Print-Publikation aufzusparen. Ich bin aber zu dem Entschluss gekommen, dass zu langes Liegen in der Schublade auch nicht gesund ist und da ich nicht zwei mal im Jahr ein Buch herausbringen kann und will, gibt es jetzt also regelmäßig hier etwas zu sehen. Über jedwedes Feedback würde ich mich sehr freuen!

8 Beiträge zum Thema "Aus meinem Nähkästchen #03"

  • Hallo Andreas
    Tolle Bilder, toller Text!
    Freue mich auf viele weitere Geschichten von Dir!
    Alles Gute und liebe Grüsse aus der Schweiz!

    Jean-Claude

  • Moin Andreas, schön deine Bilder mit der XPan zu sehen. Da passen Prag, Winter und TriX aber auch zusammen wie A**** auf Eimer! Nehme an Du hast die 45er Linse benutzt. Hatte überlegt die Hochzeit eines Freundes mit der XPan zu begleiten… wäre sicherlich was anderes, al das, was der offizielle Fotograf abliefert. Bleib gesund und bis November. M.

    Magnus

  • Schöner Artikel,
    habe ihn gerade meiner Frau vorgelesen. Bleib mir nur gesund. Das Jahr hat so seine Tücken. Hatte im Januar einen Nervenzusammenbruch auf der Arbeit. So richtig mit Retttungswagen. Wir wollen ja im Dezember zum MeetUp. Freut mich das mit der Xpan. Im Moment kann ich solche Geschichten gebrauchen. Fotografiere einfach zu viel mit der GFX und verliere den Film aus dem Blick…

    Henning

  • Glückwunsch zur xpan. Tolle Kamera. Habe sie seit 2008. Niutze sie nur viel zu selten.

    Georg Berrisch

  • Ich mag die Aufnahmen – obwohl ich sonst mit Street nicht so viel anfangen kann. Ich mag das kräftige Schwarz … und den Tri-X („mein“ Film seit 1979 ;o)

    Stefan

  • Mensch, Andreas, mach keinen Quatsch! Ich hoffe, es geht Dir wieder gut! Offensichtlich sind die Sachsen gute Mediziner!
    Die Bilder sind Klasse, auch nach dem Motto “ Schärfe gibts beim …..“
    Ich werde auch mal meine HORIZON wieder auspacken, natürlich kein Vergleich zu Deiner XPan!
    Also, halt die Ohren steif und all the best!
    Volker

    Volker Krause

  • hahaha … ;)

    admin   (Post author)

  • Aureli Hotel City Centre!

    Tobi

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