Künstliche Intelligenz in der Fotografie – Fluch oder Segen?

Ich finde das Thema „künstliche Intelligenz in der Fotografie“ viel zu komplex, als dass man es en passant unter ein paar hübschen Bildern ausdiskutieren kann. Eine Meinung dazu habe ich dazu gleichwohl (bzw. beginne ich gerade, mir eine zu bilden).
 
Das Thema „künstliche Intelligenz“ (artificial intelligence = „ai“) finde ich per se spannend. Sie bestimmt unseren Alltag schon länger als vielen bewusst ist. Und es gibt einige Bereiche, in denen ich sie als sinnvoll erachte – zumindest wenn sie unterstützend (und nicht allein entscheidend) eingesetzt wird.
 
Im kreativen Bereich fremdle ich mit „ai“ derzeit noch massiv. Vielleicht habe ich auch ein anderes Verständnis von Kreativität. Die Diskussion, die darüber entsteht, finde ich aber wichtig und gut, da vielleicht gerade WEGEN der Arbeiten der guten „ai-Künstler“ stärker in‘s Bewusstsein gerückt wird, worin eigentlich die Kreativität (in der Fotografie) besteht. Vielleicht hilft ai ja sogar dabei, die Imaginationsfähigkeit zu verbessern – etwas, das vielfach verloren gegangen ist in der technisch geprägten Fotografie. SEHEN und VORSTELLEN (abstrahieren) – so wichtig in der Fotografie! Für MICH gehört aber eben auch die gestalterische (im Vorfeld) und fotografische UMSETZUNG zum kreativen Prozess.
 
Die Bilder, die ich bisher gesehen habe, sind mitunter durchaus interessant. Sie unterliegen durchgehend einer gewissen Ästhetik (bei der ich nicht weiss, ob ich das gut finden soll), aber sie sehen vor allem in den allermeisten Fällen aus wie aus modernen Computerspielen. „Was ist echt und was ist fake?“ lässt sich künftig somit auch in der Fotografie noch schwerer beantworten – für manche Genres ein echtes Problem (mich würde daher nicht wundern, wenn die analoge Fotografie künftig einen noch stärkeren Zulauf erhält als in den letzten Jahren schon).
 
Dass „ai-Kunst“ auf bereits vorhandener Kunst basiert (die künstliche Intelligenz will halt gefüttert werden), ist zwar logisch, aber urheberrechtlich in höchstem Maße bedenklich, zumal den allermeisten Künstlern überhaupt nicht bewusst ist, dass ai mit ihrer Kunst gefüttert wurde. Ich bin sehr gespannt, ob und wie man diese Problematik in den Griff bekommen will.
 
Die wachsende Popularität von Midjourney & Co. ist natürlich nicht allzu überraschend. Im Prinzip ist ai die logische Ergänzung der bis zum Exzess ausgereizten Kameratechnik. „Kreativität“ für Jedermann (die Anführungsstriche sind beabsichtigt). Maximale Aufmerksamkeit bei geringstmöglichem Aufwand – womit es gut in unsere Zeit passt. „ai“ generiert Aufmerksamkeit und daher sind die sozialen Medien auch gerade der fruchtbarste Boden, auf den das Thema fallen konnte …
 
Einen äußerst lesenswerten Artikel zum Thema habe ich beim britischen Guardian gefunden. Achtung! Viel Text! 😉
 
 
 
PS: das Beitragsbild ist (natürlich) fotografiert …

7 Beiträge zum Thema "Künstliche Intelligenz in der Fotografie – Fluch oder Segen?"

  • Liebes AJORNS-Team,

    ich habe mit großem Interesse euren Artikel über Künstliche Intelligenz in der Fotografie gelesen. Es ist faszinierend zu sehen, wie diese Technologie unsere kreativen Möglichkeiten erweitert. Einerseits kann KI uns dabei helfen, unsere Bilder zu verbessern und unseren individuellen Stil zu perfektionieren. Andererseits stellt sich jedoch die Frage, ob die Authentizität und die persönliche Note nicht verloren gehen könnten. Dennoch finde ich es sehr spannend, wie Künstliche Intelligenz die Grenzen der Fotografie erweitert und neue Perspektiven schafft.

    Danke für eure informative und gut recherchierte Darstellung dieses Themas!

    Herzliche Grüße,
    Arianna Sutton https://gptdeutsch.de/

    GPTDeutsch

  • Hallo lieber Andreas,
    ich als künstlerisch tätiger Fotograf ohne vorrangig kommerziellen Interessen (arbeite in der Kunstvermittlung im Hochschulbereich) und zu ca. 70% analog arbeitend (Tendenz steigend) sehe die Entwicklung zum Teil positiv. Endlich ist KI in der Lage all die redundanten Bilder von Imagebroschüren, lachenden topfitten Rentnern, sympathischen Unternehmern und Promis zu produzieren ohne das ein Fotograf sich die Mühe machen muss stupide Inszenierungen zu produzieren.. Diese ganzen Bilder waren und sind doch eh nur Trugbilder und waren es zudem immer. Ich warte eigentlich nur auf den Tag, dass KI in der Lage sein wirdl, selbst Prompts zu gerieren und autonom mit anderen KI`s zu kommunizieren ohne das Menschen „dazwischenfunken“ müssen.
    Zum Thema analog: Sicherlich produzieren eingescannte Negative eine Art von Raws, aber es gibt immer eine unumstößliche physische Referenz: Das Negativ oder Positiv als Material. Dies macht auch die Faszination der Fotografie an sich aus: Es ist eine transformierte, manifeste Spur von einem Ereignis, welches tatsächlich so in der realen Welt für den Augenblick des Auslösens existierte. Eigentlich ganz simpel. Liebe Grüße aus dem Rheinland, Heiko

    Heiko

  • Als ein Computer-affiner Mensch mit überschaubarer Erfahrung in der KI bin ich zumindest mittelfristig entspannt. Die aktuellen Algorithmen der KI können nicht darauf trainiert werden außergewöhnliche, überraschende Sachen zu erzeugen. Und sie sind nur so gut wie die Informationen, die beim Anlernen verwendet wurden.
    Wenn nun alle Instagram und Facebook-Bilder als Trainingsmaterial verwendet werden, sind die Ergebnisse ein (mathematischer) Durchschnitt derselben. Keine Kritik daran, aber es wird auch klar, warum aus meiner Sicht hier keine Innovationen zu erwarten sind.
    Und nicht zuletzt macht auch das Fotografieren selbst deutlich mehr Spaß als mit einem Computer zu chatten.
    Viele Grüße Peter

    Peter Heidel

  • Ich denke wir dürfen den Prozess der Photographie, die Auseinandersetzung mit der Situation und die Gestaltung des Bildes nicht überbewerten. UNS ist das wichtig, dem Betrachter ist das meist egal, Ihn interessiert meist nur das Motiv, eher selten das ganze Bild.

    AI wird daher eine ganz und gar wesentliche Rolle in der Photographie spielen. Kameras „optimieren“ Bilddateien ohne Aufforderung (Samsung, Mond) und den Meisten (Knipsern wie Betrachtern) wird das gefallen.

    Analog wird dadurch nicht an Fans gewinnen. In letzter Konsequenz werden 90% aller Negative doch trotzdem digitalisiert und sind dann nur aufwändig erstellte RAW Dateien it allen Möglichkeiten der Nachbearbeitung.

    VIEL interessanter finde ich die Möglichkeiten die AI in eben dieser Nachbearbeitung bietet. Fuzzy Anweisungen führen zum erwünschten Resultat – das Erlernen der EBV wird einfacher und ermöglicht auch Einsteigern komplexe Manipulation. DARAUF freue ich mich eigentlich.

    Gruss vom Atlantik ;o)

    Stefan

  • Lieber Andreas,

    danke für deine Meinung dazu! Ich habe mir natürlich auch schon viele Gedanken zu dem Thema gemacht, und anfänglich war natürlich Neugier und der Drang zum Spielen da. Aber dann wurde mir klar, dass das in die Art der Portraitfotografie, wie ich sie jetzt (u.a. durch dich inspiriert) betreibe, vielleicht genau die Flucht vor dieser Art der Bildgenerierung ist. Eine KI kann meinetwegen mittlerweile exzellente Portraits erzeugen, die aussehen, wie von einem Profifotografen fotografiert. Was sie aber nicht kann und hoffentlich nie können wird, ist, die wahren, gegenwärtigen Gefühle einer wahren Person in ihrem gegenwärtig wahren Umfeld abzubilden. Sie kann so tun als ob, ja, und daher wird es schwer, wie du schon sagst, Wahrheit und Fälschung voneinander zu unterscheiden. Aber zumindest für die fotografierte Person und den Fotografen und engen Vertrauten dieser Personen wird (hoffentlich) nie ein KI-generiertes Bild einen Ersatz für diese Art der Fotografie schaffen. Vielleicht die einzige Art der Fotografie, in der die KI nie glänzen wird. Und deshalb fühle ich mich „hier“ auch noch relativ sicher.
    Anders bei dem, was ich sonst noch so mache: Architektur, Werbung… da wird die KI massiv Einzug halten und für bessere? … andere? … krassere?.. werbewirksamere?… Bilder sorgen. Das kann helfen, wird aber evtl. auch zu einer Übersättigung führen. Irgendwann verlässt ein Bild halt, wenn es zu „gut“, zu anders, zu krass wird, halt den Bereich, wo es noch als glaubwürdig wahrgenommen wird. Diese Grenze nicht zu überschreiten (jedenfalls, wenn es auch Ehrlichkeit im Bild ankommt, und die ist bei der Werbung ja mittlerweile und glücklicherweise doch wieder recht wichtig geworden), wird dabei vielleicht die große Kunst sein, die die KI-Künstler herausfordern wird. Aber wenn es dann eh „nur“ „ehrliche“ Bilder werden sollen, warum dann nicht gleich fotografieren? Man spart sich vielleicht den Weg zum Motiv. Oder man spart sich anderweitig Zeit. Okay, da man ein Vorteil sein. Aber wenn man gleich fotografiert, spart man sich den Aufwand, der KI klarzumachen, dass man doch lieber ein ganz ehrliches Bild haben will. Also – vielleicht ist das alles gar nicht so wild und wird sich ganz einfach selbst regulieren nach dem gegenwärtigen Hype…
    Ich sehe die KI derzeit nicht als Konkurrenz für uns Fotografen. Zumindest nicht in unserem Genre. Ich hoffe, dass sie eine gute und sinnvolle Ergänzung wird, die Nachbearbeitungsprozesse vereinfacht, vielleicht auch mal Bildelemente generiert, die man nicht so gut fotografieren kann.
    Natürlich wird sie dazu dienen, Künstlerisches zu erschaffen. Imaginäre Welten, egal ob in Standbild oder Film, Computerspiel… Da wird sie immens viel Zeit sparen und spannende Ergebnisse liefern. Und, klar, auch Menschen ersetzen, die sich diese Welten bisher ausgedacht und generiert haben. Hoffentlich finden sie andere interessante Herausforderungen.

    Ich denke, wir befinden uns einfach noch in einer totalen Probierphase, in der einfach mal alles gemacht wird, was möglich ist. Vieles davon wird sich von selbst erledigen. Vieles wird weiterentwickelt und perfektioniert werden und dann auch verwendet werden.
    Es liegt an jedem Einzelnen, zu bewerten, was für ihn sinnvoll und schön ist.
    Und es wird nachher eine große Herausforderung für den Gesetzgeber werden, die „Ausreißer“ zu regulieren.
    Letztendlich wird diese „KI-Pandemie“ aber „endemisch“ werden. Wir werden neben ihr und mit ihr leben, ihre Vorteile zu nutzen wissen und ihre Nachteile in Kauf nehmen. So wie es schon bei so vielen technischen Revolutionen der Fall war.

    Gerade fällt mir auf: Anstatt das alles selbst zu schreiben, hätte ich eigentlich ChatGPT das schreiben lassen können. Warum habe ich das nicht gemacht? Hätte mir sicher 15 Minuten Zeit gespart.
    Naja, aber es wäre halt nicht mein eigener Text gewesen, wenn auch ein Text basierend auf meiner Meinung, die ich der KI vorher mitgeteilt hätte.
    Außerdem: Ich vertraue auf meine Fertigkeit, mit der Sprache genau das auszudrücken, was ich wirklich denke. Kleine Nuancen spielen da manchmal eine sehr große Rolle.
    Der KI traue ich das nicht zu. Auch wenn sie technisch dazu in der Lage wäre: Sie kann nicht in mein Hirn gucken und ich werde ihr nicht alle Nuancen meines Denkens mitteilen können (dann kann ich das alles auch direkt hier hinein schreiben anstatt in die KI – kommt wohl vom Aufwand her auf dasselbe raus).

    Und wenn ich diesen Aspekt jetzt auf die Fotografie versus Bildgenerierung übertrage, wird die Fotografie, sobald ich etwas von *mir* damit transportieren will und nicht nur etwas darstellen oder neutral bewerben will, sowieso alternativlos. :)

    Also: Alles wird gut. :)

    …JEDENFALLS: Solange die KI kein direktes Interface in mein Hirn hat. Ich empfehle hierzu mal die Lektüre der Trilogie von Andreas Eschbach: „Black Out“, „Hide Out“ und „Time Out“. Sehr spannend und eine Warnung an alle, die sich wünschen würden, dass so etwas möglich ist.

    Liebe Grüße
    Daniel

    Daniel Hertrich

  • Hallo Lieber Andreas,
    über dieses Thema habe ich mir als Fotograf auch schon meine Gedanken gemacht. Ich denke es ist ein spannendes Thema, aber möchte ich jetzt stundenlang an einer Software experimentieren bis ich ein passendes Bild bekomme? Vielmehr, wo ist dabei die Kunst. Ich gebe Suchbegriffe ein und es entsteht ein Bild das zwar meiner Fantasie evtl. entspricht…ist es dann aber auch so wertig wie eine Fotografie?
    Im Zeitalter von Smartphone und Co finde ich, wir verschwenden zu viel Zeit mit Technik anstatt mit dem Menschen (wenn ich von Portraitfotografie ausgehe). Der Hype mit AI ist meiner Meinung der schnelle Weg für ausgefallene Bilder ins Netz zu stellen um viele Klicks zu bekommen.
    Also für mich ist es keine Frage, ich werde mich auch nicht in den Bann ziehen und überlasse meine Fantasie nicht einer Software :-)
    Liebe Grüße Christian

    Christian Esche

Comments are closed.