Foto: Yasemin Roos
aj’s trivia*
(Folge 92)
*trivia: „wissenswerte Kleinigkeiten, „dies und das, manchmal auch Kurioses“ [Wikipedia]
Übermorgen geht’s in meine zweite Heimat – wieder einmal nehme ich den beschwerlichen Weg (700km) nach Usedom auf mich, wieder einmal frage ich mich, warum ich mir nicht eine andere Location für meine Veranstaltungen aussuche – eine, die nicht am anderen Ende der Republik liegt -, und wieder einmal werde ich all die nervigen Stunden im Auto vergessen haben, wenn ich auf dem Hotelparkplatz aussteige, einchecke und an den Strand gehe, um nachzuschauen, ob die See noch da ist. So, wie ich es immer mache: Koffer in’s Zimmer gestellt und raus. Über die kleine Promenade, die direkt am Hintereingang des Hotels liegt, an den Strand. Auf’s Meer schauen und tief durchatmen. Das Salz schmecken und den Wind spüren. Und sofort ist da wieder dieses Gefühl. Ein Gefühl, als wenn man nach Hause kommt. Ich schätze, wenn ich mal alt bin (ich meine, so RICHTIG ALT), nehme ich die Fahrerei nicht mehr auf mich. Dann bleib ich einfach da oben. Die beste Ehefrau von allen und ich das ganze Jahr am Strand. Ich könnte mir definitiv Schlimmeres vorstellen …
Vor wenigen Tagen haben Matthes und ich eine neue Folge für unseren BUNT-Podcast aufgenommen. Zu Gast hatten wir (erneut) meinen Freund und Kollegen Marvin Kleinemeier aka Bob Sala und die Folge gehört schon jetzt zu meinen allerliebsten. Knapp drei Stunden haben wir u.a. darüber philosophiert, was uns die Fotografie bedeutet, was uns motiviert, wie wir uns inspirieren und woran wir hin und wieder scheitern. Ich liebe solche Gespräche. Weil sie oft nachhallen. Gedanken in Gang bringen, die man bisher nicht „auf dem Schirm“ hatte. Solche Gespräche inspirieren mich regelmässig mehr für meine Fotografie als die meisten anderen Dinge. Online wird die Folge voraussichtlich in KW 10 oder 11 sein. Stay tuned …
Was ist mir das Wichtigste in meiner Fotografie? Was will ich erreichen? Häufig gestellte Fragen und die Antwort fällt mir leicht und schwer zu gleich; denn instinktiv weiss ich es, aber das Ganze auszuformulieren ist immer noch ein ganz anderer Schnack, wie meine Oma mütterlicherseits immer sagte. Tatsächlich ist es so, dass mir zunehmend wichtiger wird, dass ICH mich in meinen Bildern sehe – weswegen ich es nur schwer ertragen kann, wenn meine Aufnahmen einer Person allzu ähnlich denen sind, die andere FotografenInnen von dieser Person gemacht haben. Dann weiss ich, dass zu wenig von MIR in den Bildern steckt. Denn MICH (meine Gedanken, Eindrücke und Empfindungen) kann keiner kopieren – das blosse Abbild eines Menschen dagegen schon.
Ich freue mich, wenn es Menschen gibt, die ich mit meiner Fotografie begeistern kann – noch mehr, wenn ich sie berühren kann. Und ich bin tief bewegt, wenn es zu einer Zusammenarbeit wie in dieser Woche mit Michael kommt. Michael ist 67 Jahre alt, Arzt, und ich kenne ihn seit ca. 10 Jahren. Wenn ich eine treffende Formulierung für seine gesundheitlichen Nackenschläge der letzten Jahre finden sollte, dann würde ich wohl sagen, dass er wie eine Katze neun Leben hat (obwohl er sich selbst einen „alten Hund“ nennt), von denen gefühlt acht bereits verbraucht sind. Ich werde nicht vergessen, wie er sich im letzten Jahr quasi selbst aus dem Krankenhaus entliess, um bei der Releaseparty für „Come undone“ dabei zu sein. Er fragte mich damals, ob ich Lust hätte, ihn mit all seinen Narben zu fotografieren und ich habe spontan ja gesagt. Diese Woche trafen wir uns also und es wurde eine für mich unvergessliche Zusammenkunft. Die ganze Geschichte nebst Bildern wird in Ausgabe #04 meines „aj“ Artbooks zu sehen sein, das irgendwann im Sommer erscheint und nicht #04 heissen wird – aber dazu später mehr …
Letzte Woche eine 23jährige Ukrainerin, diese Woche ein 67jähriger Arzt. Heute Akt, morgen Porträt und übermorgen Street-Fashion – und dazwischen ein paar Landschaftsaufnahmen auf Island und Usedom. Es ist diese Abwechslung, die mich motiviert und inspiriert. Und bei aller Vielfalt immer mit einem Ziel: andere Menschen zu berühren ohne mich selbst zu langweilen. So lange mir das gelingt, mache ich einfach immer weiter …
In diesem Sinne: haltet die Ohren steif und bleibt mir gewogen!
Cheers!
Andreas
Meine Musiktipps findet Ihr auch in meiner Spotify-Playlist „Under the radar“ – viel Spass!