aj’s trivia (#88) – Januar 2019

Foto: Yasemin Roos
 
aj’s trivia*
(Folge 88)
 
*trivia: „wissenswerte Kleinigkeiten, „dies und das, manchmal auch Kurioses“ [Wikipedia]
 
Diese Woche wollte ich keine trivia schreiben. Getreu dem Motto „wenn Du nix zu sagen hast, halt die Fr****“ war ich gestern so weit zu sagen, dass mir aktuell einfach nichts einfällt. Nicht im Sinne von „ich weiss nicht, ob das Jemanden interessiert“. Viel Schlimmer: ich war komplett leer. Kann ja mal vorkommen. Und dann fiel mir gestern Nachmittag ein 30 Jahre altes Album in die Hand, das ich längere Zeit nicht mehr gehört hatte und auf einmal purzelten die Gedanken nur so durch meinen Schädel …
 
Als Faith No More vor über 30 Jahren anfingen, gab es noch kein Etikett für die Art von Musik, die sich machten. Wenn man heute nicht weiss, wie man Musik einzuordnen hat, nenn man das Ganze entweder „Alternative“ oder „Crossover“ und Faith No More gehören definitiv zu den Pionieren des Crossover (nicht wenige sagen, sie hätten es erfunden). In einer Zeit als sich die Heavy Metal- und HipHop/Rap-Fraktionen unversöhnlich gegenüberstanden und jeweils für sich proklamierten, die einzig wahre und ernstzunehmende Musik zu sein, kamen Faith No More daher und mischten Heavy Metal, Rap und Funk einfach zusammen. Und 1989 hauten sie dann mit „The Real Thing“ ein Album raus, das einfach in jeden Plattenschrank gehört. Mit einem Song, der den Namen „Epic“ völlig zu Recht trägt:
 

 
Und dass sie es fast 30 Jahre später immer noch drauf haben, zeigen sie hier:
 

 
 
Ich finde das sehr inspirierend. Die Musik an sich (stimmungsabhängig), aber insbesondere die Tatsache, dass hier Genres gemischt werden, die mal als unvereinbar galten. Immer wenn Jemand sagt „das kann man doch nicht machen„, kommt Jemand anderes daher und macht es einfach. Weil er open-minded ist und auf die Konventionen schei***. Ich mag das. Weil es zeigt, dass man die Freiheit hat, das eine zu tun ohne das andere zu lassen. Es mag die bornierten Geister irritieren, aber man kann tatsächlich Techno UND Hardrock UND Singer-Songwriter hören (zugegebenermassen nicht alles gleichzeitig, aber alles zu seiner Zeit). Man kann die Schwarzweiss-Fotografie lieben und dennoch Bildbände von David LaChapelle besitzen (und auf eine skurrile Art und Weise sogar gut finden). Man kann gestern eine Doku auf ARTE geschaut haben und heute das Dschungelcamp auf RTL anschalten.
 
„Entweder/oder?“ ist in vielen Fällen die völlig falsche Fragestellung – weil sie impliziert, dass es grundsätzlich ein „richtig und falsch“ gibt, ein „schwarz und weiss“. Die Aussage von George W. Bush „Entweder ihr seid für uns, oder ihr seid für den Terrorismus!“ ist populistische Kriegsrhetorik, die zu nichts Gutem führt. Und wer jetzt meint, dass ich heute in’s „ganz schön hohe Regal“ greife, wird feststellen, dass das Regal gar nicht so hoch ist, denn Rhetorik wie diese ist in vielen Köpfen. „Wenn Ihr nicht für mich seid, seid Ihr gegen mich“ ist eine Einstellung, die so allgegenwärtig ist, dass es schmerzt. Wie auch die (noch schlimmere) Variante „Entscheide Dich: er/sie oder ich!“ und deren Ableitung „wenn Du mit ihm befreundet bist, können wir keinen Kaffee mehr miteinander trinken“ (häufig unausgesprochen). Wer glaubt, dass das an den Haaren herbeigezogen ist, sollte sich nur mal in den einschlägigen „Szenen“ umschauen.
 
Keiner muss mit allen können – das ist unrealistisch. Ein wenig Aufgeschlossenheit gegenüber alles und jedem ist aber manchmal vielleicht gar nicht so schlecht und erweitert den Horizont ungemein.
 
 

Bild bitte nicht am Smartphone anschauen – sieht Schei*** aus! Aber wir wissen ja eh: wer Bilder nur am Smartphone anschaut, frisst auch kleine Kinder …***
 
 
Themenwechsel (vielleicht aber auch nicht). Kürzlich las ich auf der Seite eines Fotografen folgenden Beitrag:

„Gibt es heute eigentlich irgendeinen Grund, sich eine digitale Leica zu kaufen? Also mal abgesehen von Nostalgie, reiner Prahlerei & Liebhaberei und auch abgesehen von dem total überzogenen Preis, für den man bei [*piep*] ein in jedem Detail deutlich überlegenes System bekäme. Also mal so rein rational betrachtet.“

Der Initiator dieses Beitrags wollte „eine Diskussion in Gang bringen“, wie er selbst schrieb. Für mich liest sich das zwar eher wie Clickbaiting (morgen geht’s dann weiter mit der Diskussion „Apple oder PC?“), aber was weiss ich schon? Eine Diskussion ist überraschenderweise nicht entstanden – eher so eine Art Bashing in beide Richtungen – die moderne Form der Diskussion, wenn man so will … *seufz

Meine Antwort auf die oben gestellte Frage kann ich übrigens mit einem Satz beantworten:

Wer die Fotografie rational betrachtet, ist eh verloren …***„.
 

***please take it with a grain of salt … ;)
 
 
Noch mal Faith No More. Der gleichnamige Song vom 89er Album „The Real Thing“.
 

 
 
Ich persönlich mag den Song noch mehr als „Epic“ – aber was weiss ich schon. Ich bin dankbar für die Inspiration und wer weiss: vielleicht „mixe“ ich demnächst ja mal fotografisch etwas zusammen, was (vermeintlich) nicht zusammen gehört …
 
In diesem Sinne: haltet die Ohren steif und bleibt mir gewogen!
 
Cheers!
Andreas