Aus meinem Nähkästchen #01

 
HIER geht’s zu Folge #02 …!
 
 

 
 
Tobi habe ich im September 2021 in Dresden besucht. Und fotografiert. Wer Tobi kennt, wird nicht überrascht sein, dass dabei keine „normalen“ Porträts herausgekommen sind. In Wahrheit waren sie auch nie geplant …
 
Aber der Reihe nach: ich kenne Tobi seit ein paar Jahren. Kennengelernt haben wir uns bei einer Fotoreise in Venedig und ich mochte ihn sofort. Seine Muse (und quasi einziges Model) ist seine Frau Tina, die er regelmäßig im Bademantel an diversen Touristen-Hotspots fotografiert. Ansonsten fotografiert er auf Pornomessen (das Publikum) und Autorennen (mit Weitwinkel). In den sozialen Medien ist Tobi bekannt als „Tom, der glückliche Hamster“. Und ich weiss, warum er sich so nennt. Und das kam so …:
 
Eines Abends saßen wir gemütlich zusammen, als das Thema „Fototaschen“ aufkam und ich seufzend davon berichtete, dass die beste Ehefrau von allen (die mir ansonsten fast alles durchgehen lässt) nur noch mit den Augen rollt, wenn ich (wieder mal) mit dem Gedanken spiele, mir eine (weitere) Fototasche zu kaufen. Tatsächlich hat sie schon mal sämtliche Fototaschen in meinem Besitz im Wohnzimmer aufgereiht (keine Ahnung, wo sie die alle gefunden hatte) und ich könnte schwören, dass da die ein oder andere dabei war, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte …^^ (der damalige Kompromiss nach zähen Verhandlungen lautete dann „für jede neue Fototasche werden zwei alte verkauft“).
 
Tobi hörte sich das alles an und sagte dann leise „ist doch gar nicht so schlimm … hab auch ein paar Fototaschen„. Ich kenne Tobi ein wenig und ahnte, dass in dieser Formulierung möglicherweise eine dezente Untertreibung versteckt sein könnte (zumal er diesen typischen „Tobi-Blick“ drauf hatte, als er das sagte). Weshalb ich erwiderte, dass ich ihn gern mal mit all seinen Fototaschen – umgehängt um seinen Hals – fotografieren wollte. Das perfekte Porträt von „Tom, dem glücklichen Hamster“ sozusagen.
 
Da schaute mich Tobi erschrocken an und sagte „Andreas, das geht nicht!“ und ich mutmaßte, dass es ihm vielleicht peinlich sei, weshalb ich gerade zu einen flammenden Plädoyer für meine Idee ansetzen wollte, als er weiter ausführte „glaub mir einfach – es sind zu viele …! Aber wir können uns auf meine Billingham-Fototaschen beschränken – das sollte funktionieren!„.
 
Ich besitze auch zwei Billingham – Fototaschen. Die eine ist sogar schon über 20 Jahre in meinem Besitz. Später ist dann noch eine zweite dazugekommen. Es gibt sehr viele verschiedene Modelle bei Billingham im Programm. Tobi besitzt sie alle. Mehrfach. Denn es gibt diese Modelle in unterschiedlichen Farben …
 
So kam es, wie es kommen musste: im September befanden wir uns an den Elbauen (die an diesem trüben Tag auch eine wunderbare Kulisse für ein Duell abgegeben hätten) und ich machte das Foto, das mir vorschwebte.
 
 

 
[Nachtrag: mittlerweile sind eine Billingham Eventer und eine Billingham 207 hinzugekommen – beide in der Farbe khaki. Ein entsprechendes Foto-Update ist für nächstes Jahr geplant.]
 
 
Es war der Startschuss zu einem großartigen Tag, denn natürlich hatte sich Tobi das ein oder andere ausgedacht. Und so haben wir innerhalb von zwei Stunden Bilder an unterschiedlichen Orten in Dresden gemacht und selbstverständlich kam auch der obligatorische Bademantel (diesmal getragen von ihm) zum Zuge (pun intended). Entstanden sind dabei Aufnahmen, die ich sehr gern habe und deswegen gibt es sie auch in Form eines kleinen Buches, das in einer Auflage von zwei Exemplaren erschienen und bereits restlos vergriffen ist. Ein Nachdruck ist nicht geplant, aber vielleicht hat ja der ein oder andere Freude daran, sie zumindest hier sehen zu können.
 
 


 
 
Noch ein wenig Tech-Talk: fotografiert habe ich alles mit Leica M und dem Summaron 28/5,6 – zum Einsatz kam ausschließlich available light. Jetzt gibt es sicher den ein oder anderen, der sagt, dass es vielleicht ein wenig gewagt ist, eine Porträt-Strecke mit 28mm Brennweite zu fotografieren und eine Anfangsöffnung von 5,6 überhaupt kein Freistellungspotential besitzt (zumal bei einem Weitwinkel), aber dazu kann ich nur sagen: WHO CARES? ;)
 
 
AJ
 
 
 
 
 
In meinem neuen Blog „Aus dem Nähkästchen“ gebe ich einmal pro Monat einen Einblick in meine Arbeiten, die größtenteils unveröffentlicht sind. Bilder, die ich andernorts nicht zeigen kann oder will. Bilder, die bei meinen Print-Publikationen möglicherweise hintenüber gefallen sind, weil sie nicht in’s Konzept oder die Geschichte passten. Bilder, die Teil eines Projekts waren, das ich dann doch nicht mehr weiterverfolgt habe. In jedem Fall aber Bilder, die mir am Herzen liegen. Hin und wieder garniert mit einer kleinen Hintergrundgeschichte – nicht allzu technisch, dafür aber immer mal mit einem Augenzwinkern. Wenn man so will, stellt das „Nähkästchen“ einen gewissen Paradigmenwechsel für mich dar, da ich in den letzten Jahren online stets nur sehr wenig von dem gezeigt habe, was ich fotografiere – um es mir für eine evtl. Print-Publikation aufzusparen. Ich bin aber zu dem Entschluss gekommen, dass zu langes Liegen in der Schublade auch nicht gesund ist und da ich nicht zwei mal im Jahr ein Buch herausbringen kann und will, gibt es jetzt also regelmäßig hier etwas zu sehen. Über jedwedes Feedback würde ich mich sehr freuen!

11 Beiträge zum Thema "Aus meinem Nähkästchen #01"

  • Moin Andreas,
    schöne Anekdote!
    Das Summaron ist einfach ein absolutes Schätzchen, habe auch einige meiner liebsten Fotos meiner Kinder mit dieser Zwergenlinse gemacht. Bei der Vignettierung hast Du aber etwas nachgeholfen oder?
    Auch wenn Billingham-Taschen genau wie die von Oberwerth für meinen Geschmack immer einen Hauch zu schick sind, kenne ich Problem. Kaufst Du noch oder knippst Du schon?
    Und: Kann es sein, dass Tobi da eine Plaubel Makina um den Hals trägt? *verliebguck*
    Frohe Festtage! M.

    Magnus

  • Sehr schöne Geschichte und sehr coole Bilder!

    Bis bald auf Usendome !

    Rene mit ´

  • Lieber Andreas,
    eine großartige Idee und wie so oft einfach toll umgesetzt!
    Ich freue mich schon sehr auf weitere Schätze aus deinem Nähkästchen :-).

    Yvonne

  • Grossartig! Ein wirklich grossartiger Text zu grossartigen Bildern. Freue mich jetzt schon auf die nächsten Beiträge! Inspiration pur :)

    Michael Christ

  • Großartig und ich freue Mi h schon auf den nächsten Beitrag. Ich beneide Dich um Deinen Weg und Erfolg – einfach nur großartig authentisch und faszinierend

    Roland

  • Das ist ein sehr cooles Thema für einen Blog !! ;-)
    Dein Nähkästchen hat bestimmt viele schöne Geschichten parat.
    Die Geschichte von / um Tobi ist schon mal richtig Klasse !!
    Freue mich auf weitere Episoden.
    Bis dahin
    Liebe Grüße
    Burkhard

    Burkhard

  • Vielen Dank Andreas, verschlinge Deine Beiträge immer regelrecht. Eine wichtige Sache die ich von Dir gelernt habe und die auch hier beschrieben wird …“who cares“.

    Liebe Grüße Sven

    Sven H.

  • fantastisch bin begeistert

    Ruth Wulf

  • Ach wie schön auch Fotos zu sehen, die es nicht in die Bücher geschafft haben und vor allem die interessanten Geschichten drumherum zu lesen. Sehr kurzweilig geschrieben lieber Andreas.
    Herzliche Grüße aus Haan

    P.S.: Ich dachte auch immer, dass ich zu viele Taschen und Rucksäcke habe. Danke für den Einblick, dass ich bei dem Thema nicht alleine bin. ;)

    Marco

  • Danke Andreas und Tom

    …für diesen (ein-) Blick
    …für diese Moment
    …fürs mitnehmen
    …als wäre ich ein Moment dabei gewesen.

    …mit zwei interessanten Menschen, die verstehen wie Leben Spass macht. Und damit auch andere infizieren.

    In dem Sinne; Danke auch fürs Lachen

    Fa

  • Jaaa, lieber Andreas,

    ich sag´s seit eh und je: Lasst die Fotos frei!
    Die meisten schaffen echt nur den Weg bis auf die Festplatte, und das war´s….wie traurig. Die Idee und Aufmachung dieses neuen Formats finde ich super, und diese Art von SelberAufDie SchippeNehmenFotos mag ich sehr. Auch, wenn mein Konsum von AJ-Publikationen sich nach RadioJorns mit diesem Nähkästchen glatt verdoppelt, „kann ich nur sagen, WHO CARES? ;-))

    Herzliche Grüße!

    Dirk Trampedach

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