aj’s trivia (#99) – August 2019


 
Foto: Yasemin Roos
 
 
aj’s trivia*
(Folge 99)
 
*trivia: „wissenswerte Kleinigkeiten, „dies und das, manchmal auch Kurioses“ [Wikipedia]
 
Dienstag, 6. August. Gestern lag ich geschlagene zwei Stunden in unserem neuen Plastik-Pool – gut gefüllt mit Regenwasser – und habe nachgedacht, während ich in den Himmel schaute. Und mir fiel wieder diese eine Szene aus „A star is born“ mit Bradley Cooper und Lady Gaga ein. Die Szene, in der Jack (B. Cooper) zitiert wird mit den Worten

Musik sind nur 12 Noten innerhalb einer Oktave. Danach wiederholt sich alles. Alles, was uns der Künstler (Musiker) geben kann, ist seine Sicht auf diese 12 Noten – seine Interpretation. Das ist alles [was Musik ausmacht]!
 
 

 
Ich muss immer wieder über diese Worte nachdenken, denn ich sehe hier eine deutliche Parallele zur Fotografie. Es ist in der Fotografie im Prinzip genau das Gleiche wie in der Musik. Statt Noten haben wir Blende, Verschlusszeit und ISO. Nicht selten das gleiche Motiv. Sämtliche Fotografen*Innen haben prinzipiell die gleichen Mittel zur Verfügung – wie der Musiker*Innen die Noten. Alles was den/die Künstler*In (und damit die Kunst) ausmacht, ist seine/ihre SICHT! Seine/ihre INTERPRETATION!
 
Was für Musiker*Innen das Instrument, ist für Fotografen*Innen die Kamera. Jede(r) favorisiert sein persönliches Werkzeug, aber es bleibt ein Behelfsmittel. Ein Mittel zum Zweck. Und dieser Zweck lautet, „sich selbst auszudrücken“. Das geht mit billigen Instrumenten/Kameras genau so gut wie mit teuren. Und wer nichts zu sagen hat – sich nicht auszudrücken weiss – dem hilft auch kein teures Instrument bzw. keine teure Kamera. Grosse Musiker*Innen spielen mit einem verstimmten Barklavier jeden Steinway-Flügel an die Wand, an dem Jemand sitzt, der einfach nur Noten spielt – sie aber nicht interpretiert. Die Parallelen zur Fotografie liegen auf der Hand.
 
Fehlt das Können, fehlt vor allem die Leidenschaft – fehlt die INTERPRETATION – kommt etwas Seelenloses dabei heraus. In der Musik wie in der Fotografie.
 
 

 
Und noch eine Parallele gibt es in meinen Augen: Defizite lassen sich heutzutage (mehr oder wenig gut) kaschieren. Ein beliebtes Mittel in der Musik ist das Autotune (für mich die Pestilenz und ein Grund, SOFORT das Radio auszumachen). Das Autotune der Fotografie heisst Insta-Filter – aber da lassen sich noch viele andere Beispiele nennen. Kaschiert man etwas Seelenloses, ist es bestenfalls nett anzusehen (in der Musik würde man es wohl so formulieren, dass man es auf Charttauglichkeit trimmt) – es bleibt dennoch seelenlos.
 
Nur 12 Noten innerhalb einer Oktave. Danach wiederholt sich alles und dennoch entsteht ständig neue Musik, die uns in ihren Bann zieht. Genau so ist es mit der Fotografie: alles ist im Prinzip schon da gewesen. Alles ist schon fotografiert (nur noch nicht von jedem). Und dennoch gibt es regelmässig neue faszinierende Fotokunst. Nämlich immer dann, wenn Fotograf*In seine/ihre persönliche Sicht einfliessen lässt. Seine/ihre Interpretation. DAS ist es, worum es geht. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger …
 
 
In diesem Sinne: haltet die Ohren steif und bleibt mir gewogen!
 
Cheers!
Andreas