Foto: Yasemin Roos
aj’s trivia*
(Folge 60)
*trivia: „wissenswerte Kleinigkeiten, „dies und das, manchmal auch Kurioses“ [Wikipedia]
Donnerstag, 23:19 Uhr. Ich sitze am Schreibtisch. Neben mir ein Glas Whisky (Ardmore) – Füllhöhe 2 Finger breit (und ich habe nicht gerade feingliedrige Finger). Die beste Ehefrau von Allen hat’s offensichtlich gut gemeint, als ich ihr vorhin sagte „Schatz, mir fällt heute nichts ein – ich glaub, ich nehme ein Glas Whisky mit hoch“. Damit muss es jetzt eigentlich klappen. Ich fürchte allerdings, dass sich der Erfolg erst einstellt, wenn das Glas leer ist. Zumindest sollte ich aus „zwei Finger Füllhöhe“ zeitnah mal einen Finger machen …
Der Whisky ist lecker. Aber einfallen tut mir immer noch nichts. Zumindest nichts Sinnvolles. Aber das muss ja vielleicht gar nicht immer sein. Wusstet Ihr, dass der Hahn auf der Kellogg’s-Cornflakes-Verpackung Cornelius heißt? Krass, oder?
So, mittlerweile läuft die Musik etwas lauter. Wurde auch Zeit. Diese Woche höre ich zu 90% The Smiths und Morrissey. The Smiths waren die beste Band der 80er Jahre und Morrissey zählt zu meinen drei Lieblingssängern (neben Tom Waits und Van Morrison). Diese Woche ist er mein Lieblingssänger. Ich besitze einfach alles von ihm – auf Vinyl und auf Papier; denn geschrieben hat er auch schon einiges. Alles von Morrissey auf Vinyl zu besitzen, ist nicht so leicht, macht aber Sinn. Die besten Sachen versteckt er zumeist auf B-Seiten von irgendwelchen Singles. Das war schon zu Smiths-Zeiten so (siehe „How soon ist now?“) und geht während seine Solo-Karriere lustig weiter. Einer meiner Lieblingssongs von ihm derzeit ist mein erster Musik-Tipp für heute. „Nobody loves us“ – ein so typischer Song-Titel für Morrissey – alles singen von Happy Peppy Trallala, Regenbogen und Einhörner und Herz und ewige Liebe. Und Morrissey? „Nobody loves us“ … und das alles zu einer wunderbaren Melodie und ganz viel Harmonien. So isser, der Morrissey …
Ein „Highlight“ in dieser Woche war mal wieder ein Bildkommentar auf Instagram. Kommentiert wurde ein Bild von mir, auf dem ich eine Frau in einem schwarzen, aber transparenten Oberteil zeige. Eine Frau mit einem wirklich hinreißenden Gesichtsausdruck. Ich mag das Bild sehr. Und was schreibt der Kommentator? …… „beautiful boobs!“
Nicht mehr und nicht weniger. Einfach nur „beautiful boobs!„. Ich will jetzt gar nicht darüber nachdenken, wie sich mein Model bei einem solchen Bildkommentar fühlt, aber als Fotograf sitzt Du dann da und denkst Dir …. WTF??? Genau die Komplimente, die man für seine Arbeiten bekommen möchte, nicht wahr? *narf
Ich darf mich nicht aufregen, daher schnell mal den zweiten Musik-Tipp nachschieben und wenn der nicht zum „Runter-kommen“ taugt, dann taugt wirklich gar keiner – glaubt mir! Lambchop ist hierzulande nicht soooo mega-bekannt. Dabei haben sie quasi einen neuen Musik-Stil erfunden. Eine Musik, die es vorher so nicht gab – allmusic.com gibt als Musikstil einen „Mix aus Alternative Country und Chamber-Pop“ an. Weisste Bescheid? Wie so etwas klingt, könnt ihr auf dem nachfolgenden Stück hören – eine Auskopplung aus dem Meisterwerk „Is a woman„. Gehört wirklich in jeden Plattenschrank!
Ich hatte heute ein Foto-Shooting, das mir wieder mal vor Augen geführt hat, was für mich wirklich das Schwerste ist in der Porträt-Fotografie: weinende Menschen fotografieren. Wenn Du als Fotograf kein Herz aus Stein hast, bist Du selbst so angefasst von der Situation, dass Du entweder a) gar nicht fotografieren kannst oder b) überwiegend unscharfe Fotos machst. Man kommt sich vor wie ein Unmensch, wenn man in so einer Situation einfach „draufhält“, aber es ist nichtsdestotrotz (ich wollte schon IMMER mal dieses Wort in meiner trivia unterbringen!!!) wichtig; denn es gehört bei der umfassenden Porträtierung eines Menschen dazu. Peter Lindbergh hat ja mal gesagt, dass er es nicht mag, lachende Menschen zu fotografieren. Das gibt ihm nichts. Findet er langweilig und nichtssagend. Ich traue mich kaum, ihm zu widersprechen – ich mag Bilder von lachenden Frauen -, aber er hat dennoch nicht ganz unrecht. Zu viele Menschen können auf Knopfdruck ein (oftmals sogar sehr überzeugendes) Lachen abrufen (das dann eben NICHT mehr „echt“ ist), aber ein gegenteilige Emotion auf Knopfdruck abzurufen, ist eben nicht so leicht. Und deshalb (meistens) „echt“. Und darum geht es mir in der Porträt-Fotografie: um ECHTE Emotionen. Und dass man dabei nicht immer wie aus dem Ei gepellt aussieht, gehört dann eben dazu. Ich bin sehr demütig in solchen Situationen, in denen die Menschen vor meiner Kamera solche Emotionen zulassen. Demütig und dankbar. Und ich weiss dann wieder, dass Annie Leibovitz völlig Recht hat, wenn sie sagt, dass es nicht möglich ist, einen Menschen mit nur einem Bild umfassend zu porträtieren. Zu vielschichtig sind die (meisten) Menschen – zu widersprüchlich sehr häufig. Einer der Gründe, warum ich es mittlerweile viel lieber mag, BildSTRECKEN zu fotografieren. Nicht selten über einen längeren Zeitraum. Ich behaupte mal, dass es mir in meinem kommenden Bildband so gut wie bisher noch nie gelungen ist, einen Menschen umfassend zu porträtieren. Das machst Du nicht auf Knopfdruck in einer schnellen Session. Willst Du ein schnelles Ergebnis, geh‘ in’s Passbild-Studio. Willst Du ein gutes Porträt, nimm Dir Zeit …
Was war noch diese Woche? Ich habe ein Interview gegeben, das mir sehr viel Spass gemacht hat. Grund dafür war, dass es sich nicht wie ein Interview angefühlt hat – eher wie eine lockere Plauderei zwischen zwei Menschen, die sehr ähnlich ticken. Das Ergebnis gibt es demnächst in der Zeitschrift „Fine Art Printer“ nachzulesen. Übrigens auch für „Nicht-Selbst-Drucker“ nicht uninteressant (in der letzten Ausgabe war ein großer Artikel über Peter Lindbergh enthalten).
Am Sonntag trefft Ihr mich ab 12:00 Uhr in der Kulturfabrik Moabit in Berlin auf der fotografischen Werkschau „That’s my Work“, die der Berliner Fotograf Alexander Platz gemeinsam mit zahlreichen anderen Fotografen veranstaltet. Seiner Einladung bin ich gefolgt, um dort einen Teil meiner Arbeiten zu zeigen und allen Interessenten Rede und Antwort zu stehen. Als kleines Schmankerl werde ich ein paar Prints von Bildern dabei haben, die es vielleicht in den Bildband schaffen könnten, der im Juli erscheint – eine kleine „sneak preview“ sozusagen … Infos zum Event gibt es u.a. HIER!
Mein Glas ist leer. Ich schließe mit meinem letzten Musiktipp für heute – „frisch“ aus den 80er Jahren. Eine DER Bands dieser Zeit mit einem Song von ihrem ÜBER-Album „It’s my life“. Nicht „Such a shame„, nicht „It’s my life“ – „Tomorrow started“ war immer mein liebster Album-Track und hier kommt er in einer grandiosen Live-Version. Viel Spass damit!
In diesem Sinne: haltet die Ohren steif und bleibt mir gewogen …
Cheers!
Andreas