aj’s trivia (#49)


Foto: Yasemin Roos
 
 

aj’s trivia*
(Folge 49)
 
*trivia: „wissenswerte Kleinigkeiten, „dies und das, manchmal auch Kurioses“ [Wikipedia]
 
 
Willkommen zur ersten Dezember-trivia! Bei Veröffentlichung dieser Zeilen befinde ich mich – sofern denn alles gut gegangen ist – auf Deutschlands östlichster und sonnenreichster Insel: Usedom. Dort findet anlässlich eines Jubiläums (mein zehntes Mal auf Usedom) mein erstes „aj Meet’Up USEDOM“ statt. Fast 100 fotointeressierte Menschen (Fotografen, Models und sonstige Fotografie-Liebhaber) kommen zusammen, um drei interessante Tage mit vielen guten Gesprächen, gutem Essen und guten Getränken (sic!) zu verbringen. Man darf gespannt sein …
 
Nach zwei Wochen Tom Waits gönne ich Euch allen eine Pause von dem „verrückten Kerl, der klingt wie ein betrunkener Louis Armstrong“. Mein erster Musik-Tipp kommt von einem Musiker aus Kanada namens Abel Makkonen Tesfaye – bekannt bzw. weltberühmt geworden unter seinem Alter Ego „The Weeknd“. Heute kennen ihn die meisten – das Stück hier ist noch von seinen Anfängen aus dem Jahr 2012.
 
 

 
 
Der Song ist übrigens gleichzeitig der erste Track auf meiner Playlist für die dritte Ausgabe meines Fine-Art-Magazins „aj“, die in dieser Woche erschienen ist. Der Song zur Bildstrecke mit Anna-Maria und wer mich kennt, weiss, wie sehr mittlerweile meine Leidenschaft für die Fotografie mit der für die Musik verwoben ist. Wie sehr ich mir Gedanken mache, welchen Song ich welcher Bildstrecke zuordne. Obwohl ich nicht mal im Ansatz weiss, wie viele der Käufer von „aj“ sich tatsächlich die Mühe machen, die Songs von der beigefügten Playlist zusammenzusuchen und beim Betrachten der Bilder hintereinander abzuspielen. Vielleicht würde es mich frustrieren, wenn ich feststellte, dass den meisten die Signatur auf der Rückseite der Playlist wichtiger ist als die Playlist selbst. Ich weiss es nicht. Ich glaube es auch nicht. Selbst wenn die Mehrheit der Käufer sagen würde „kann weg“, würde ich an dem Konzept festhalten; denn da sind ja immer noch die anderen, denen das Ganze ein diebisches Vergnügen bereitet. Das sind oft auch Jene, die „aj“ bei einem Glas Rotwein oder Whisky durchblättern. Die „aj“ mit allen Sinnen geniessen wollen – und das ist durchaus sprichwörtlich zu verstehen. Ist Euch klar, dass ich mit „aj“ etwas liefere, dass alle fünf menschlichen Sinne ansprechen kann (und soll)? Zumindest „fast“ (das was „fehlt“, liefere ich mit) …
 
„aj“ selbst liefert die visuellen, haptischen UND olfaktorischen Reize (für den Seh-, Tast- und Geruchssinn – ja so ein frisch gedrucktes „aj“ RIECHT und nicht wenige sagen, es riecht GUT!), die Musik liefert die akustischen Reize, die den menschlichen Hörsinn ansprechen und die jeder Sendung beigefügten Gummibärchen sind für die gustatorischen Reize zuständig, die den Geschmackssinn ansprechen – und wem diese gustatorischen Reize nicht ausreichen, der greift zu einer guten Tasse Kaffee, einem guten Whisky oder einem guten Glas Rotwein. Um es (sehr) frei nach Vicco von Bülow aka Loriot zu sagen: es geht natürlich ohne eines dieser drei Getränke, aber es macht nicht viel Sinn …^^
 
Kommen wir noch mal zurück auf die fünf menschlichen Sinne. Wenn all diese in positiver Weise stimuliert werden, passiert bestenfalls noch etwas ganz besonderes. Wir beginnen Dinge (die man eigentlich nicht anfassen kann) zu SPÜREN! Und für mich persönlich ist es genau das, was Fotografie im allerbesten Fall zu leisten imstande ist: im Betrachter etwas „auslösen“ – ihn etwas „spüren“ zu lassen. Oder anders gesagt: gute Fotografie muss man FÜHLEN! Die sprichwörtliche Gänsehaut ist somit quasi der sechste Sinn …^^
 
Das, was ich übrigens weiter oben beschreibe, ist übrigens der Grund, warum für mich persönlich das Betrachten von Bildern auf dem Smartphone oder dem Computer keine adäquate Alternative ist; denn – und das ist jetzt vielleicht klar geworden: es fehlen zwei wesentliche Reize, nämlich der haptische und der olfaktorische Reiz und damit wird auch klar, warum so ein Bildschirmbild nie an bedrucktes Papier heranreichen kann …
 
Übrigens wurde ich schon angesprochen, warum ich denn nicht statt einer gedruckten Playlist einfach einen Link zu einer gespeicherten Spotify-Playlist abdrucke. Erstens bin ich kein Fan von Spotify, zweitens habe ich kein Spotify und drittens wäre es mir am Liebsten, wenn man sich Musik gar nicht elektronisch sondern analog (bestenfalls auf Vinyl) anhört, aber das wäre wahrscheinlich zu viel verlangt. Schade, dass ich meine Idee mit den echten Mixtapes verwerfen musste (ich hatte damals zur Veröffentlichung der ersten Ausgabe ein Mixtape mit meiner Musik – quasi eine analoge Playlist – geplant und mich sogar schon mit Recherchen für eine Kopierstation beschäftigt, als mich mein Anwalt aus allen Träumen riss … die Lizenzgebühren für eine derartige Aktion hätten alle verfügbaren Budgets um Längen gerissen … schade eigentlich).
 
Kommen wir zur Fotografie und einem meiner Lieblingsthemen, wenn es um Porträtaufnahmen geht. Im neuen Bildband von Peter Lindbergh „Shadows on the Wall“ finden sich neben vielen grandiosen Porträts auch viele Zitate des Meisters selbst. Eines hat er kürzlich als Bild auf seinem Instagram-Profil gepostet, das ich nachfolgend als Screenshot zeige …:
 
 

 
Quelle: Screenshot instagram – aus dem Bildband „Shadows on the wall“ von Peter Lindbergh
 
 
„You are beautiful when you have the courage to be yourself.“ [Peter Lindbergh]
 
Wie ich gern zu sagen pflege: „ein grosses Wort gelassen ausgesprochen“. Für mich ist es eigentlich die beste Definition von Schönheit, die ich je gelesen habe: „Du bist schön, wenn Du den Mut hast, DU SELBST zu sein.“. Natürlich liegt Schönheit immer im Auge des Betrachters und wie sagt schon ein altdeutsches Sprichwort: „Was dem einen sin Uhl, ist dem andern sin Nachtigall“ (für Erläuterungen bitte bei Wikipedia und Co. nachschlagen). Und dennoch wird wahrscheinlich jeder Mensch positiv zur Kenntnis nehmen, wenn er das Gefühl hat, dass sich sein Gegenüber NICHT verstellt. Wir beurteilen Menschen, die sich AUTHENTISCH verhalten, immer positiver als jene, die offenkundig eine Rolle spielen. Wenn Jemand keine Modelmaße hat und dazu steht, wirkt dies immer schöner als wenn er/sie versucht, sie krampfhaft zu kaschieren. Wenn Jemand vom Typ her eher introvertiert daher kommt, ist es die denkbar schlechteste Idee, seinen Gegenüber dadurch von sich überzeugen zu wollen, in dem man den Entertainer spielt. Es wird immer falsch, gekünstelt und somit UNAUTHENTISCH zu sein. Fehlende Authentizität macht hässlich! Authentizität macht attraktiv! Daran glaube ich ganz fest.
 
 

 
 
Das Problem: Authentizität ist im Zeitalter der sozialen Medien ein rares Gut geworden. Auf Instagram ist praktisch jeder ein Superstar. „Läuft bei Dir“ lautet der geflügelte Ausdruck dafür (bergab und rückwärts, aber Hauptsache, es „läuft“). Wie stark dagegen ist die Einstellung „Ich bin wie ich bin. Take it or leave it.“ Insbesondere dann, wenn sie einhergeht mit einem ehrlichen (!) Eingeständnis der eigenen Schwächen und ihrer Akzeptanz. Wenn eine solche Person DANN vor die Kamera geht und diese Einstellung auch VOR der Kamera behält, dann … ja DANN ist man als Fotograf gesegnet. Denn dann lässt dieser Mensch da vor der Kamera einen Blick auf sein Innerstes zu. Er/sie ermöglicht es dem Fotografen ihn/sie so abzulichten, wie er sie sieht. Ein Porträt eines Menschen zu machen, bedeutet den unverstellten Blick auf den Menschen zu erhaschen. Und immer dann, wenn ein Mensch es zulässt, dass ich ihn so fotografiere wie ICH ihn sehe (und NICHT, wie er/sie sich vielleicht selbst gern sehen würde), können die besonderen – in jedem Fall aber die „anderen“, oft unerwarteten – Bilder entstehen.
 
 

 
 
Es braucht natürlich ein gewisses Vertrauen in die Fähigkeiten des Fotografen, dass dieser die (vermeintlichen) Makel nicht auch noch besonders hervorhebt, sondern sie vielleicht eher geschickt kaschiert – durch Licht, Perspektive und das Setzen des Fokus. Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema, das an anderer Stelle schon umfänglich behandelt wurde …
 
Abschliessend habe ich noch einen Musik-Tipp für Euch, der insofern ganz interessant ist, als dass der Song damals in zwei verschiedenen Versionen von zwei verschiedenen Interpreten am gleichen Tag (!) in UK erschienen ist: einmal von dem grossartigen Morrissey (der den Song auch geschrieben hat) und einmal von der living legend Nancy Sinatra. Auch wenn ich grosser Morrissey-Fan bin: hier fällt mir die Entscheidung zwischen beiden Versionen schwer – daher gibt’s für Euch einfach beide als Tipp …
 
 


 
 
In diesem Sinne …: haltet die Ohren steif und bleibt mir gewogen.
Bis die Tage!
 
 
Cheers!
Andreas